2019 Panoramaflug

04.08.2019
SEGELFLUG ERLEBNIS

Alles beginnt mit einer entspannten Anreise am Sonntagvormittag in Schänis. Die Uhr zeigt 10:00 und der vereinbarte Termin lässt noch eine koffeinhaltige Stärkung im provisorisch eingerichteten Pistenbistro zu.
Das neue Flughafen Vereins- und Restaurantgebäude ist im Bau und soll im Oktober 2019 eröffnet werden. Es sieht bereits sehr einladend aus und die grosse Terasse wird einen tollen Ausblick auf das Rollfeld bieten.

Edi spricht uns an und erkundigt sich nach dem Wohlbefinden und nach bereits gesammelten Segelflugerfahrungen. Diese fehlen in meinem Fall noch gänzlich! 
Der Start verzögert sich unwissentlich um eine Stunde. Edi ist ein sympatischer Typ und versorgt uns bis dahin mit allerlei interessanten Informationen.

Um 11:30 wird mir der Fallschirm überreicht und ich werde zum Einsteigen aufgefordert. Alles geschieht neben dem Rollfeld. Der Einstieg erinnert, so meine Vermutung, an ein Cockpit in der Formel 1. Viel Platz gibt es nicht und für ungeübte „Neueinsteiger“ eine kleine Herausforderung. Mein Platz ist hinter dem Kapitän. Beide Plätze sind voll ausgerüstet mit Mess- und Steuertechnik und so habe auch ich einen Pilotenplatz verfügbar.

Das Segelflugzeug mit 442 kg und Co-Pilot wird auf die Startpiste #34 geschoben. Es sind freiwillige Helfer, Piloten und solche, welche es werden wollen. Der Umgang ist sehr kollegial und unkompliziert.
Edi nimmt im Fond mit wenigen Handgriffen und gezielten Bewegungen Platz und führt einen letzten Schnelltest am Flieger vor. Das Schleppseil klinkt ein. Am anderen Seilende steht das stärkste verfügbare Schleppflugzeug in der Schweiz. Es ist ein turbinenbetriebenes 5-blättriges Propellerfluggerät mit 320 PS.

Nach einer kurzen holprigen Beschleunigung heben wir ab. Der Jet vor uns braucht unwesentlich länger zum Abheben. Die vorgesetzte Power zieht uns zügig auf 2‘143 MüM. Ein kurzer Funkkontakt und das Schleppseil klinkt aus. Dabei überrascht mich die plötzliche und unerwartet abrupte Temporeduktion im Alleinflug.

Der Weg führt uns über den Talrand der Linthebene in gebiergiges Gelände, wo wir uns nahe einer Felswand auf die Lauer nach Thermik machen. Die Sonne brennt von oben auf das Cockpit und der Lufteinlass kühlt punktuell nur die anvisierte Stelle am Oberkörper.

Die warmen unsichtbaren Luftströme haben sich noch nicht entfaltet und die „Kreiserei“ verlangt viel Erfahrung, Fingerspitzengefühl und Geduld. Wir bewegen uns lange kreisend an der Felsflanke auf ca. 2‘160 MüM. Ein anderer Flieger folgt uns eine kurze Zeit, erhofft sich dann an anderer Stelle eine warme Luftsäule.

Lange bleiben wir nicht alleine. Ein grosser Raubvogel gesellt sich zu uns. Locker kreisend werden wir beobachtet…und wohl belächelt…flugvollendet meistert der Vogel mit wenigen Justierungen den Aufstieg bevor er in den weiten blauen Himmel entschwindet.
Die akustischen Signale bestätigen den eingesetzten Steigflug. Mit über 5 m/s hievt uns die Thermik in schwindelerregende Höhe von 3‘000 MüM….vielleicht sind es auch die x-fachen Umrundungen der eigenen Achse die sich in meinem Magen spürbar machen!

Die Reisegeschwindigkeit ist mit 90 km/h relativ stabil. Edi sucht an anderer Stelle sein Glück. Die Mittagssonne entfaltet nun ihre Wirkung und in Windeseile erreichen wir die Höhe von 2’978 MüM. Das war wohl auch das Ziel und die Motivation meines Piloten. Gute 1 ½ Stunden sind wir zwischenzeitlich in der Luft. Der Flug führt uns vorbei am obersten Punkt des Säntis mit seiner Höhe von 2’502 MüM, vorbei an den – je nach Zählweise – sechs bis dreizehn Churfirsten im Kanton Sankt Gallen. Die Fernsicht ist phänomenal und der Bodensee, die Stadt Winterthur und Sankt Gallen lassen sich gut erkennen.

Edi überrascht mich mit einer spontanen und unerwarteten Steuerübergabe. Mit wenigen Instruktionen überlässt er mir den Flieger bei einer Geschwindigkeit von 120 km/h und holprigem gleiten. Es haben sich einige Dampffetzen gebildet, welche den Flug spürbar beeinflussen. Trotz der hohen Geschwindigkeit fühlt es sich teilweise so an, dass sich diese sichtbare Luftfeuchtigkeit mit uns bewegt und ein Gefühl des „Stehenbleibens“ vermitteln.

Mit der vollen Geschwindigkeit nähern wir uns der der quer zu unserer Fluglinie verlaufenden Linthebene. Linker Hand liegt der Zürisee, rechts der Walensee…und wir ziemlich mittig dazwischen im rasanten Sinkflug Richtung Zielflughafen in Schänis. Vor dem Flughafen leitet Edi ein grosszügiges Kreisen über dem Flughafen ein. Er kontrolliert die nahe Umgebung auf andere Flugobjekte und meldet die kurz bevorstehende Landung über Funk an.

Um 13:35 Uhr setzen wir sanft auf der Piste #34 auf und nach wenigen Metern fällt der Segelflieger aus der Balance auf die linke Flügelseite. Edit ist rasch aus dem Cockpit, während ich noch mit den Gurten und dem Fallschirm meine liebe Mühe habe. Der Ausstieg ist noch komplizierter als der Einstieg 🙂
Bis auch ich es geschafft habe ist Edi mit einer Art Stützrad zurück. Mit vollem Gewicht lehne ich mich auf die Fliegernase und unterstütze damit die Montage des Stützrades am Heck. Gemeinsam schieben wir den Flieger Richtung Hangar, wo er fernab in Sicherheit zur Start- und Landepiste parkiert wird.

Viel Zeit bleibt Edi nicht! Bedingt durch die Startverzögerungen und den ausgedehnten Flug wartet schon der nächste Fluggast. Die spendierte Erfrischung nimmt Edi gerne an und wir verabschieden uns dankend von ihm.

Was noch kurz anhält ist das flaue Bauchgefühl…dieses ist aber nach der Pizza im Restaurant Marina in Lachen, in netter Empfehlung von Ivan, rasch vergessen!

Gestärkt und mit tollen Eindrücken endet das tolle Erlebnis mit der Rückreise an einem prächtigen Sonntagnachmittag!

Segelflieger D-9195

Hersteller: Schema-Hirth Flugzeugbau GmbH
Bezeichnung: Duo Discus XL
Typ: Doppelsitzer
Baujahr: 2014
Spannweite: 20 m
Max. Abfluggewicht: 750 kg
Max. zul. Geschwindigkeit: 263 km/h

Turbo Bravo HB-HFJ

Hersteller: FFA Flugzeug Altenrhein SG
Bezeichnung: AS202/32TB
Baujahr: 1992
Werknummer: 243
Triebwerkmuster: 250-B17D (320 PS)